RÜCKBLICK AUF DIE GELUNGENE 3. future!publish
Am 25. und 26. Januar fand zum dritten Mal die Konferenz future!publish in Berlin statt. Das von LITERATURTEST veranstaltete Netzwerktreffen richtet sich an alle Akteur*innen der Buchbranche und dient dem Austausch über aktuelle Entwicklungen, Trends und offene Fragen.
Vor dem Hintergrund der Digitalisierung aller Arbeitsbereiche diskutierten Verlagsmenschen, Buchhandel und Dienstleistende im Tagungswerk Jerusalemkirche die Zukunft der Buchbranche. In den Impulsvorträgen, Podiumsdiskussionen und Workshops ging es darum, der veränderungsresistenten Branche die Angst vor dem Strukturwandel zu nehmen sowie Chancen und Potenziale von Big Data und digitalen Geschäftsmodellen aufzuzeigen.
Hierzu umriss zunächst Keynote-Sprecherin Ashleigh Gardner, Head of Partnerships bei Wattpad Studios in Kanada, die Erfolgsgeschichte von wattpad, einer mobilen App zum Hochladen von usergenerierten Geschichten. Vom kurzen Gedicht über den Roman bis hin zu den allseits beliebten Serien stellen Nutzer*innen hier 100 % des Inhalts und sind damit Autor*inneen und Lesende zugleich. Mit mehr als 400 Mio. Texten und über 65 Mio. Nutzenden ist wattpad das weltweit führende Community-Netzwerk für Self-Publisher.
Sichtbarkeit im Datendschungel
Danach wurden die drei Gewinner*innen des digivis Contest zur Sichtbarmachung digitaler Produkte oder Anwendungen aus der Kreativwirtschaft ausgezeichnet. Für ihr Konzept „Beyond Paper“, einem modularen Messestand, der digitale Inhalte begehbar macht, erhielten Rose Epple und Alex Valder den dritten Preis. Den zweiten Platz belegte Das wilde Dutzend mit dem Projekt „Chatbooks“, der mobilen Darstellung von Buchinhalten in Form von Chat Fiction. Den ersten Preis bekamen mikrotext & pixelcraftbooks für ihr Projekt „Book Vault“ gekürt. Ihr mobiler WLAN-Server ermöglicht die Übertragung von digitalen Inhalten auf mobile Endgeräte ohne zusätzliche App.
Weiter ging es mit Grundlagen zu Big Data und Metadaten bzw. der strukturierten Nutzung von Datenströmen zur Sichtbarmachung, die angesichts von immer mehr Titeln bei immer größerer Konkurrenz höchste Priorität hat. Susanne Franz und Sylvia Jakuscheit von Lektorat first erklärten, wie man Content (Texte) so strukturiert, dass dieser für Datenbanken bzw. digitale Publikationsabläufe gewinnbringend indexikalisiert und verschlagwortet werden kann. Daniela Geyer und Alexander Haffner von der mvb machten deutlich, wie notwendig die standardisierte Aufschlüsselung und Kategorisierung von Metadaten ist, wenn Titel (gerade auch ältere Bücher) in Online-Shops und Online-Katalogen von Nutzer*innen gefunden werden sollen.
Am Abend war mit hervorragendem Catering und diversen Getränken für das leibliche Wohl im Tagungswerk gesorgt und die Teilnehmenden netzwerkten munter in enstpannter Atmosphäre. Zudem wurde der erste Buchtrailer-Award verliehen und unter den 160 Einreichungen hat das Filmproduktionsduo nXm wohlverdient den ersten Preis für ihren großartigen Trailer zu „Sonne und Beton“ von Felix Lobrecht (Ullstein) gewonnen.
Vom Gatekeeper zum Community-Manager
Autor*innen können ihre Leser*innen im Netz direkt erreichen. So umgehen sie zunehmend Verlag und Buchhandel aus der klassischen Vertriebskette. Statt sich aber in eine Abwehrhaltung gegenüber Self-Publishern zu begeben, raten Expert*innen, neue Koalitionen einzugehen. Verlage müssten sich in Zukunft stärker als Community-Manager denn als Gatekeeper begreifen, sagt Hermann Eckel, Geschäftsführer von tolino media, und zeigt Best-Practice-Beispiele von Unternehmen, die frühzeitig erkannt haben, welche Chancen die digitale Transformation bietet, und Kund*innen durch ihr Engagement im Netz binden.
Zudem sollten Verlage ihren Autor*innen als Dienstleistende gegenübertreten, denn die Self-Publisher-Gemeinschaft hat sich zunehmend professionalisiert. Während Self-Publisher von Verlagen nach wie durch Marketing, die Anbindung an den Buchhandel und eine größere Reichweite profitieren können, ergeben sich auch für Verlage neue Chancen: Erfolgsversprechende Autor*innen können angeworben werden, Fan-Gemeinschaften werden gewonnen und die Verlagsinhalte verbreiten sich so über Social Media im Netz.
Digitalisierung als Spiegel der sozialen Natur des Menschen
Leander Wattig, Event-Konzepter und Gründer von ORBANISM, unterstrich in seinem Vortrag, dass Live-Veranstaltungen gerade im digitalen Zeitalter von zunehmender Bedeutung seien. Denn durch die alltägliche unpersönliche Kommunikation im Netz entstünde gerade bei Digital Natives ein umso größeres Bedürfnis nach analogem Netzwerken. Denn nur in der persönlichen Begegnung würden dauerhafte Kontakte geschlossen und solide Bindungen aufgebaut, meinen die meisten. „Jedes Unternehmen ist ein Medienunternehmen. Jedes Medienunternehmen muss ein Veranstalter sein“, so die These von Wattig über die Schnittstelle von digitalen Medien und Live-Präsenz.
Fazit: Kollaborativ, sozial und personalisiert, interaktiv statt passiv-konsumierend, international, mehrsprachig und divers – dies sind die Schlagworte der digitalen Content-Vermarktung, denn im Netz kennen User und Inhalte keine Grenzen. Unüberschaubarkeit, Konkurrenzdruck und handwerklich mittelmäßige Literatur mögen die Kehrseite davon sein. Dies ist aber kein Grund, krampfhaft an den alten Top-down-Strukturen des Verlagswesens festzuhalten und sich der veränderten Realität zu verweigern. Das hat die future!publish der Verlagswelt deutlich gemacht und viele spannende Anreize und Ideen für die Weiterentwicklung des Buchgeschäfts im digitalen Zeitalter geliefert.
future!publish am 25./26. Januar im Tagungswerk Jerusalemkirche, Berlin.
Eine Veranstaltung der Literaturtest, Agentur für Buch-PR und Buchmarketing.
Die 4. future!publish findet am 24./25. Januar 2019 in Berlin statt.